Ein Meilenstein für die Regulierung des digitalen Raums?
Die Digitalisierung hat unsere Welt in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Sie hat neue Möglichkeiten eröffnet, die Art und Weise, wie wir kommunizieren, Geschäfte tätigen und Informationen austauschen, revolutioniert. Gleichzeitig hat sie jedoch auch neue Herausforderungen und Risiken mit sich gebracht. Der EU Digital Services Act (DSA) ist ein wegweisendes Gesetzgebungsvorhaben, das darauf abzielt, die Regulierung des digitalen Raums in Europa zu modernisieren und anzupassen.
Was ist der EU Digital Services Act?
Der DSA ist eine Initiative der Europäischen Union, die im Dezember 2020 vorgestellt wurde. Dieses Gesetzgebungspaket hat das ehrgeizige Ziel, die Regeln für digitale Dienstleister und Plattformen zu überarbeiten und den digitalen Raum fairer, sicherer und transparenter zu gestalten. Der DSA ist Teil einer breiteren Strategie zur Digitalisierung Europas und zur Stärkung der digitalen Souveränität der EU.
Der DSA wurde vom EU-Parlament im Juli 2022 verabschiedet und gilt in Deutschland seit August 2023 für grosse Unternehmen wie Google, Facebook, Twitter(X) oder TikTok. Ab Februar 2024 gelten die Regeln auch für kleinere Digitalunternehmen die Ihren Service in der EU anbieten.
Was sind die Herausforderungen des digitalen Zeitalters:
Der digitale Raum bietet zahlreiche Vorteile, wie den einfachen Zugang zu Informationen, die Möglichkeit, weltweit zu kommunizieren und innovative Dienstleistungen zu nutzen. Gleichzeitig gibt es jedoch ernsthafte Probleme, die angegangen werden müssen. Hier sind einige der wichtigsten Herausforderungen:
- Desinformation* und Hassrede: Die Verbreitung von Fehlinformationen und Hassrede im Internet hat in den letzten Jahren zugenommen und kann erhebliche gesellschaftliche Schäden verursachen.
- Machtungleichgewicht: Große Technologieunternehmen haben eine enorme Macht über den digitalen Raum und können den Wettbewerb einschränken sowie Daten missbrauchen oder nach eigenem Ermessen Benutzer sperren und Beiträge löschen.
- Unfaire Wettbewerbspraktiken: Digitale Plattformen können ihre Marktmacht missbrauchen und kleine Unternehmen benachteiligen.
Der Hauptaspekt des DSA:
Der Hauptaspekt des Digital Servis Act ist es illegale Inhalte im Web zu unterbinden, indem von staatlicher Seite Regeln aufgestellt werden, an die sich diese Unternehmen zu halten haben. Gerade wenn es um rechtswidrige Inhalte wie Hassreden, Hetze, Propaganda und Desinformation* geht, macht es Sinn einen Mechanismus zu entwickeln, der diese Artikel und Beiträge z.B. nach berechtigter Meldung anderer Benutzer löscht, bzw. nicht mehr aufrufbar macht. Dieser Mechanismus von der Meldung bis zur Löschung muss vom Anbieter gewährleistet werden und ist selbstverständlich mit hohem Personalaufwand verbunden.
Mehr Transparenz durch den DSA:
Ein weiterer Aspekt ist es, die Benutzerrechte zu stärken. Auch hier soll der DSA für mehr Transparenz sorgen, denn die Unternehmen werden jetzt gezwungen ihre Spielregeln offenzulegen z.B. wann & weshalb wird ein Beitrag gelöscht oder ein Benutzer gesperrt.
An wen kann sich der Benutzer z.B. wenden bzw. hat er ein Recht darauf, den Inhalt seines Artikels von nicht nur Plattform-intern sondern auch von unabhängigen Dritten überprüfen zu lassen, wenn der Inhalt laut Meldung angeblich nicht der Netiquette bzw. den Regeln des Inhabers der Plattform entspricht?
Und natürlich stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Mechanismus vorsieht einen Beitrag, den ich als Benutzer als rechtswidrig oder illegal einstufe, zu melden? Wie lange dauert hier tatsächlich die Sperrung etc.
Mögliche Probleme der DSA:
Jedes Unternehmen versucht seinen Personalaufwand zu minimieren, daher können wir schon jetzt davon ausgehen, dass für die Plattformen personalintensive Mechanismen wie Prüfungen von Meldungen der Nutzer über Hate-Speech oder Desinformationen zu Problemen führen werden.
Denn Desinformation wie falsche oder irreführende Aussagen in Beiträgen können gerade im Bereich irreführender Informationen dazu führen, dass eine Aussage, die zwar richtig ist, auch irreführend sein kann, wenn die Auffassung des Benutzer der sie meldet dies zulässt. Was ist also Irreführung genau?
Wer und mit welcher Reputation sorgt dafür, dass ein Beitrag als nicht regelkonform gilt?
Diese Algorithmen sind leider nicht einsehbar und dadurch lässt sich nicht feststellen ob ein Artikel ab 100 oder 1.000 Meldungen über einen Regelverstoß gelöscht wird, oder weil der Melder gegebenenfalls eine Zertifizierung als besonders vertrauensvoll besitzt.
Wird die Reputation des Melders verringert, wenn ein Artikel nach der Prüfung wieder online erscheint, weil sich die Meldung als haltlos erwiesen hat?
Oder führt einfach eine große Anzahl der Meldungen zu einer Überforderung des Personals, das ja auch verpflichtet ist schnell zu handeln, sollte ein Artikel berechtigterweise gelöscht werden müssen? Liegt es hier nicht nahe, erst einmal aus Unternehmensperspektive auf Nummer sicher zu gehen?
Fazit:
Der Digital Service Act ist ein Gesetz das Fragen offen lässt. Natürlich muss man auch hier erst einmal wieder abwarten, wie bereits beim Konstrukt der DS-GVO.
Warten auf Urteile der Gerichte im Umgang mit den Plattformen, die möglicherweise erst verzögert handeln oder Sperrungen von Beiträgen unter falschen Prämissen vornehmen oder eben nicht vornehmen.
Warten, welche Meldemechanismen in Zukunft zu einem fairen Ergebnis führen und wer entscheidet über „fair“.
Warten…
In ein paar Jahren sehen wir dann klarer. Bis dahin lässt sich wohl kaum von einem Meilenstein für die Regulierung des digitalen Raums reden. Eher von einer vagen Vorstellung davon.